Sandra Steinbrich und Uwe Schäfer sind heute schon früh auf den Beinen. Sie arbeiten bei Pro Kids, einer Anlauf- und Beratungsstelle des Caritasverbandes für Stuttgart e. V. für Familien, in denen ein Elternteil psychisch erkrankt oder suchtkrank ist. Seit der Corona-Krise können die Angebote von ProKids nicht mehr in den eigenen Räumlichkeiten stattfinden. Darum wollen die beiden Sozialarbeiter heute sechs Familien zu Hause besuchen.

Die Familien, die Sandra Steinbrich und Uwe Schäfer aufsuchen, hatten es schon vor Corona schwer: Sandra Steinbrich beschäftigt die Frage, wie es den Familien im Moment geht: „Ich frage mich, was das mit den Kindern macht, nachdem die Schulen und Kitas so lange geschlossen waren. Und auch jetzt, wo die Kinder oft nur stundenweise unterrichtet werden, sind sie immer noch viel daheim.“

Geforderte Eltern

Oft daheim zu sein bedeutet für viele dieser Familien eine große Herausforderung. Sie leben meist in kleinen Wohnungen, die wenigsten haben einen eigenen Garten. Das Zusammenleben auf engstem Raum bedeutet auch ein erhöhtes Konfliktpotenzial. Außerdem komme durch das Lernen von Zuhause aus eine weitere Belastung auf die Familien zu: „Wenn die Kinder den ganzen Tag daheim betreut werden müssen, fordert das viel von den Eltern. Häufig fehlen ihnen Ressourcen, die Kinder zu Hause zu unterrichten und oft fehlt auch Gelassenheit“, erklärt Uwe Schäfer. „Und die technische Ausstattung ist manchmal nicht vorhanden“, ergänzt Sandra Steinbrich. „Trotz all dieser Schwierigkeiten erleben wir die Familien momentan als sehr stark.“

Manche Eltern taten sich auch schon vor Corona schwer, eine geordnete Tagesstruktur im Familienalltag herzustellen. Wegen der geschlossenen Schulen und Kitas brechen weitere Strukturen weg: Manche Kinder gehen abends zu spät schlafen, kommen morgens dann nicht aus dem Bett. Wenn die Eltern arbeiten müssen, sind sie sich den ganzen Tag selbst überlassen.

Ablenkung vom Alltag

Umso wichtiger sind darum die Besuche von Sandra Steinbrich, Uwe Schäfer und ihren Kolleg_ innen. Seit Beginn der Krise halten sie telefonisch, per Mail oder auch über soziale Medien Kontakt zu den Familien. In dringenden Fällen haben sie sich für einzelne Gespräche auch zum Spazierengehen getroffen. Und seit einigen Wochen fahren sie regelmäßig zu den Familien nach Hause. Dabei werden sie von allen Eltern und Kindern herzlich empfangen.

Zwar dürfen sie nicht in die Wohnungen, aber man trifft sich auf der Straße, sitzt bei gutem Wetter auf dem Boden zusammen und tauscht sich aus. Bei einem Besuch wurden sogar Stühle vom benachbarten Sperrmüll organisiert. Den Kindern und Jugendlichen, aber auch den Eltern, tut der Kontakt zur „Außenwelt“ sehr gut. Und spielerisch gelingt es den Sozialarbeiter_innen von ProKids, die Kinder mit ihren alltäglichen Problemen wahrzunehmen und zu unterstützen.

Was ist Pro Kids?

Pro Kids ist eine Beratungsstelle für Familien, die sucht- oder psychisch belastet sind. Für mehrere Altersgruppen gibt es verschiedene Gruppenangebote. Eltern und Bezugspersonen können sich beraten lassen, für Fachkräfte werden Schulungen organisiert. Für die Kinder und Jugendlichen ist ProKids eine Anlaufstelle, ein Zufluchtsort, hier wird gemeinsam gekocht, gespielt, vertrauensvoll gesprochen, Zeit miteinander verbracht und Energie getankt. Mit der Corona-Krise musste auch das Angebot von Pro Kids eingeschränkt werden, die Kinder können nicht mehr in die Räumlichkeiten von Pro Kids kommen und verbringen jetzt viel Zeit zu Hause.

Mehr zu Pro Kids online: https://www.caritas-stuttgart.de/hilfe-beratung/sucht/beratung-praevention/kinder-und-jugendliche/angebote-fuer-angehoerige