4. Advent: Cristinas Ausstieg aus der Prostitution

Mit dem Advent beginnt die Zeit des Wartens und die Zeit der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Es sind Tage voller Licht und Vorfreude. Es sind auch Wochen, in denen wir oft hektisch und gestresst sind. In diesem Jahr der Corona-Pandemie ist es ein ganz besonderer Advent. Können wir Weihnachten im Kreis unserer Familien feiern? Bleiben wir gesund? Wie geht es weiter? Corona betrifft alle Menschen, aber Menschen am Rande unserer Gesellschaft besonders. Dieses Jahr stellen wir an jedem Adventssonntag Menschen und ihre Geschichten vor, die es in dieser Zeit besonders schwer haben. Wir wollen für sie in der Adventszeit ein Zeichen setzen, ihren Wünschen Gehör schenken.

Wir schließen unsere Adventsreihe am 4. Advent mit der Geschichte von Cristina (Name geändert). Cristina hat viele Jahre als Prostituierte gearbeitet, vor etwa zweieinhalb Jahren ist ihr der Ausstieg gelungen. Doch ihr Leben abseits der Prostitution ist nach wie vor herausfordernd. Cristina arbeitet hart, um für ihre Familie Geld zu verdienen. Immer begleitet von der Sehnsucht nach ihrer Tochter, die sie in Rumänien zurücklassen musste.

Für ihre Tochter nimmt Cristina alles auf sich

Vor etwa sechs Jahren kam Cristina nach Deutschland. In ihrem Heimatland Rumänien lebte sie in schwierigen Verhältnissen. Als ihr Vater starb, verschuldete sie sich hoch mit den Kosten für seine Beerdigung. Sie musste eine Lösung finden, wie sie ihre eigene Mutter und ihre Kinder versorgen konnte. Mit der Hoffnung auf ein besseres Leben und der Aussicht, schnell an Geld zu kommen, begann Cristinas Weg in die Prostitution. Sie zog nach Deutschland und ließ ihre Familie schweren Herzens in Rumänien zurück. Ihre 16-jährige Tochter lebt seitdem bei der Großmutter, ihr anderes Kind bei seinem Vater. Zu ihm und dem Vater hat sie wenig Kontakt.

Große Geldsorgen trieben Cristina in die Prostitution. Foto: designecologist von pexels

In Deutschland begann sie in einem Bordell zu arbeiten. Das Geld, das sie verdiente, schickte sie ihrer Familie in Rumänien. Cristina will ihrer Tochter eine bestmögliche Bildung ermöglichen und ein Leben, das sie nicht hatte: Sie kann weder Lesen noch Schreiben. Ihre Tochter aber geht zur Schule, hat gute Noten und spielt Geige.

In dieser ersten Zeit lernte sie einen Mann kennen, der ihr in ihrem Leben fern von zu Hause zunächst Halt gab. Jedoch tat er ihr schon bald nicht mehr gut. Er trieb sie weiter in die Schulden: Obwohl sie fast ihre gesamten Einnahmen nach Rumänien schickte, bezahlte sie auch seinen Lebensunterhalt. Als sie ihren Freund finanziell nicht mehr unterstützen wollte, um mehr Geld für ihre Tochter zu sparen, erpresste er sie. Er sagte, er wolle ihrer Familie in Rumänien alles über ihr Leben in Deutschland erzählen. Für Cristina eine schreckliche Drohung: Sie hatte ihre Familie im Glauben gelassen, dass sie ihren Lebensunterhalt als Kellnerin in einem Restaurant verdient. Immer mehr wuchs in ihr der Wunsch, aus der Prostitution auszusteigen. Kein leichtes Unterfangen, zumal Cristina nur gebrochen Deutsch und ein wenig Englisch spricht.

Unterstützung bei ihrem Ausstieg erhielt sie vom Café La Strada

Eine Sozialarbeiterin aus der Caritaseinrichtung Café La Strada wurde beim Streetworken auf Cristina aufmerksam. Die Sozialarbeiterin spricht glücklicherweise fließend Rumänisch und konnte Cristina gut beraten. Nach vielen Gesprächen wagte Cristina dann vor zweieinhalb Jahren den mutigen Schritt: Sie trennte sich von ihrem Freund, erhielt weiter Unterstützung von der Caritas bei der Wohnungssuche und fand einen ersten Job abseits der Straße beim Sozialunternehmen Zora. Deren Projekt „Plan P“ richtet sich an Frauen wie Cristina. Es folgte eine weitere Anstellung als Zimmermädchen in einem Hotel. Die Arbeit dort ist körperlich sehr anstrengend. Trotz gesundheitlicher Probleme, hielt Cristina die Arbeit tapfer durch.

Cristina ist der Ausstieg gelungen – trotz aller Widrigkeiten

Als im März 2020 die Corona-Pandemie zu vielen einschränkenden Maßnahmen im Gastronomie- und Hotelgewerbe führte, verlor Cristina ihren Job als Zimmermädchen. Doch sie schaffte es, die Arbeitsstelle zu wechseln und arbeitet nun für eine Reinigungsfirma. Sie hat wenig Freizeit und schickt fast ihre gesamten Einnahmen ihrer Tochter. Sie selbst nimmt dafür in Kauf, auch mal weniger zu Essen zu haben. Ihre Tochter soll es einfach besser haben. Dafür kämpft sie jeden Tag.

Bald schon reist Cristina zu Ihrer Tochter. Möglich wurde das durch Spendengelder. Foto: Hauptbahnhof c Andreas von pexels

Trotz allem ist Cristina froh, den Ausstieg aus der Prostitution geschafft zu haben. Sie ist stolz, einen Job zu haben, in dem sie ihr Geld unabhängig verdient und dass sie ihr Doppelleben aufgeben konnte. Ihr größter Wunsch ist es, über Weihnachten bei ihrer Familie zu sein. Sie hat über die Feiertage Urlaub bekommen. Cristina hat wahnsinnige Sehnsucht nach ihrer Tochter, denn sie hat sie seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Eine lange Zeit für eine Mutter, die ihre Tochter so sehr liebt.

Solidaritätsfonds

Cristinas Wunsch wird bald in Erfüllung gehen – dank Spendengeldern kann sie sich ein Ticket nach Rumänien kaufen und ihre Familie für einige Zeit besuchen. Die Vorfreude auf diese Reise ist für Sie die schönste Bescherung. Doch bis Cristina es an diesen Punkt geschafft hatte, musste sie schwierige Jahre und harte Schicksalsschläge hinnehmen. Die Caritas begleitet sie dabei und hilft ihr und anderen Menschen auf ihrem Weg in ein besseres Leben. Für alle in unserer Stadt, die solche Unterstützung brauchen, haben wir den Solidaritätsfonds eingerichtet. Mit Ihrer Spende für den Solidaritätsfonds können Sie Menschen unterstützen, die in Stuttgart am Rande der Gesellschaft leben. Spenden für den Solidaritätsfonds können Sie hier: https://secure.spendenbank.de/form/3003/?langid=1&verwendungszweck=26603