„Grande Dame Olga“

Ein Ort, fast ein Zuhause für viele wohnungslose Menschen in Stuttgart.

Die einen nennen sie die Mutter der Straße, für die anderen ist sie die kantige Dame, auf die ganz Stuttgart stolz ist: Die Tagesstätte für wohnungslose Menschen Olga46 feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag.

Beim großen Jubiläumsfest im Oktober gratulierte Sozialbürgermeister Werner Wölfle der „Grande Dame Olga“: Von hier aus seien in den letzten 50 Jahren immer wieder Anstöße dazu gekommen, „wo wir Handlungsbedarf in unserer Stadt haben“. In den 80er Jahren war die Olgastraße erste Anlaufstelle für HIV- infizierte Menschen, Ende der 80er Jahre suchten Bürgerinnen und Bürger aus der ehemaligen DDR Rat und Hilfe in der Olgastraße und heute sind es vermehrt Menschen aus Südeuropa, die den Weg hierher finden.

So wurden immer wieder neue Hilfen entwickelt, die, abgestimmt mit der Stadt und anderen Trägern, auf die Bedürfnisse der Menschen reagierten. Im Haus befindet sich die Fachberatungsstelle für Männer und in der Tagestätte bekommen die Besucherinnen und Besucher etwas Warmes zu essen, sie können duschen oder sich aus der Kleiderkammer eine warme Jacke mitnehmen. Doch, „der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, aus der Olgastraße heraus wuchs auch die Idee der „Bonus-
card Kultur“, für die der Fachdienstleiter Harald Wohlmann „sich beharrlich und überzeugend eingesetzt hat“, wofür ihm Werner Wölfle ausdrücklich dankte: „Heute ist ganz Stuttgart stolz darauf, dass wir das
haben.“

 

Olga46: Caritas-Stammhaus

Die Olga46 ist ein Haus mit langer Caritas Geschichte und eine der ältesten Einrichtungen im Caritasverband für Stuttgart e.V. Im Jahre 1965 kaufte das Bischöfliche Ordinariat das Haus Olgastraße 46 und übergab es als Verwaltungs- und Dienstgebäude an den Caritasverband. Es war der dritte Standort neben dem Haus Martinus und der Behindertenwerkstätte in der Schwabstraße. Am 10.3.1965 wurde das Haus als Caritas-Stammhaus eingeweiht und nach dem 1. Caritasdirektor in Stuttgart, Johannes Straubinger benannt. Aus der Arbeit mit Strafgefangenen heraus entstand 1967 der „Club“ in der Olgastraße. Zu den ehemaligen Strafgefangenen gesellten sich bald
die sogenannten „Waldmännlein“ – wohnungslose Menschen, die tagsüber auch eine Schlaf-
gelegenheit in der Olgastraße fanden. 1977 nahm die zentrale Beratungsstelle (ZBS) in
Stuttgart ihre Arbeit auf und 1978 schlossen sich die Ambulanten Hilfen e.V. der Caritasverband und die Evangelische Gesellschaft und Sozialberatung e.V. zu einem Beratungsverband zusammen. „Wichtiges zu erhalten, aber auch Neues zu planen und umzusetzen, wird auch weiterhin unser oberstes Ziel sein“, so formuliert Caritasvorstand Raphael von Deym die Aufgaben auch in Zukunft. Immer gelte es dabei, „die Problemlagen als Folgen der Armut aufzuzeigen und Lösungen mit der Stadt gemeinsam zu finden, immer anwaltlich für unsere Besucher.“

Otto Hartmann, 67 Jahre alt

Mach weiter so oder fang neu an!

Otto Hartmann ist 67 Jahre alt und hat bis „nix mehr ging“ als Anwalt gearbeitet – „wie das Leben eben so spielt“. Heute kann er sagen: „Mir geht’s super“. Damals, als das Leben mit ihm „spielte“, als er, der einst eine „Bombenkarriere“ hatte auf der Straße lebte und ihm klar wurde „jetzt bist du ganz unten“, da hat er zu sich gesagt: „So Kamerad, jetzt mach’ weiter so oder fang neu an!“ Er hat sich fürs neu Anfangen entschieden. Und das hieß als Erstes, dass er lernen musste, dass „ich Hilfe brauche“. Hilfe anzunehmen war für ihn ungewohnt und schwer: „Hab ich das nötig?“, hat er sich zweifelnd gefragt.
Von heute aus lächelt er über diese Fragen von damals. Erinnert sich an Menschen wie Schwester Margaret und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Olga46, die ihm geholfen haben. Er erzählt von Ausflügen und Wallfahrten, von kulturellen Angeboten, von all’ den Dingen, „die über das eigentliche ‚Ernähren‘ hinaus gingen und die so wichtig für mich waren und sind“. Hilfe zu brauchen und Hilfe anzunehmen, das hat Otto Hartmann gelernt, ist nichts, wofür man sich schämen muss.